Stress im Studium

Stress im Studium
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Endlose Partynächte, regelmäßig ausschlafen und hin und wieder eine Vorlesung nach Wahl besuchen – selten weicht das Klischee so sehr von der Realität ab wie bei der Vorstellung vom Studentenleben. Spätestens seit der Bologna-Reform und der damit einhergehenden Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge setzt ein verschultes System an den Hochschulen immer mehr Studierende unter Druck und führt zu Stress im Studium.

Statt feuchtfröhliche Abende in Kneipen und Bars zu verbringen, müssen sich die meisten Studierenden mittlerweile mit zeitaufwendigen Nebenjobs über Wasser halten, Punkte sammeln und überfrachtete Studienpläne managen. Prüfungen und Praktika bestimmen die vorlesungsfreie Zeit und an Entspannung ist häufig nicht zu denken. Kommen dann zusätzlich familiäre Verpflichtungen und Zukunftsängste hinzu, ist das Gefühl chronischer Überlastung nur noch eine Frage der Zeit. Doch soweit muss es nicht kommen. Mit den richtigen Strategien kann es gelingen, Stress zu reduzieren und sich Freiräume zu schaffen. Besonders in während des Schreibens der Abschlussarbeit, sollte man deshalb folgende Tipps berherzigen.

Positiver Stress vs. negativer Stress

Um gegen die persönliche Überlastung vorzugehen, sollte man sich zunächst Folgendes klarmachen: Stress im Studium kann sowohl positiv wie auch negativ sein. Ausschlaggebend sind die Dosis sowie das individuelle Empfinden. Gerade Letzteres ist maßgeblich an der Entstehung von chronischem Stress beteiligt. Während der eine Zeitdruck benötigt, um sich beispielsweise an das Schreiben der Bachelorarbeit zu machen, bedeutet es für den anderen eine nervliche Belastung, die die Leistungsfähigkeit mindert.

Doch was ist Stress überhaupt? Der Begriff „Stress“ wurde von dem Österreichisch-kanadischen Biochemiker Hans Seyle geprägt und bedeutet in etwa „Sorge, Kummer“ (Vgl. Heller 2014: 10). Es war allerdings der Physiologe Walter Cannon, der den Begriff Stress 1914 erstmals in die wissenschaftliche Diskussion gebracht hat. Er verwies darauf, dass Menschen, ähnlich wie Tiere, in Alarmsituationen entscheiden müssen, ob sie fliehen oder angreifen wollen (Vgl. Hartig 2015: 9). Somit ist Stress nichts anderes als eine chemische Reaktion, die im Körper abläuft, wenn Gefahr im Verzug ist. Der Körper schüttet Hormone wie Adrenalin und Cortisol aus, Puls und Atmung beschleunigen sich, die Muskulatur spannt sich an. Kurzfristig lässt sich auf diese Weise die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit steigern und man ist besonders wachsam.

Stress schafft es, den Menschen zu Höchstleistungen anzuspornen – im Sport genauso wie bei der Bachelorarbeit und im Studium allgemein. Bleiben allerdings die Erholungsphasen aus, wird der Stress chronisch und der Teufelskreis ist in Gang gesetzt. Während akuter Stress also durchaus positive Auswirkungen hat (Eustress), bedeutet ein kontinuierlicher Erregungszustand einen Leistungsabfall, der krankmacht (Distress) (Vgl. Kulbe 2009: 168). Die Anforderungen an das Individuum sind in diesem Fall langfristig größer als die zur Verfügung stehenden Ressourcen. Frustration und das Gefühl der Überlastung entstehen. An- und Entspannung müssen sich die Waage halten, um nicht in die Stress-Falle zu tappen.

Symptome von Stress im Studium

Häufig sind es die Stress-Symptome, die die Studierenden als Beschwerden wahrnehmen und nicht die eigentlichen Auslöser. Sie machen sich auf der körperlichen und emotionalen Ebene genauso bemerkbar wie auf der Verhaltensebene. Zu den körperlichen und emotionalen Auswirkungen zählen beispielsweise:

  • Feuchte Hände
  • Schwitzen
  • Kopfschmerzen und Tinnitus
  • Schwindel
  • Schlafstörungen, Müdigkeit
  • Selbstvorwürfe
  • Nervosität und Vergesslichkeit

Zu den Effekten auf das Verhalten können mangelnde Leistungsfähigkeit und Aggressivität zählen. Wer diese Anzeichen an sich selber wahrnimmt, sollte wachsam sein. Chronischer Stress im Studium schwächt nicht nur die Einsatzfähigkeit im Studium und die Note der Arbeit, er kann bis hin zu Angststörungen, Schreibblockaden und sogar Depressionen führen.

Stress kann zu Depressionen und Ängsten führen

Depressionen und ausgeprägte Angststörungen kommen nicht über Nacht: Sie entwickeln sich schleichend. Daher ist es umso wichtiger, die Gefahr rechtzeitig zu erkennen und möglichst früh gegenzusteuern.

Depression

Der Begriff Depression stammt aus dem Lateinischen. Deprimmere heißt so viel wie niederdrücken. Es handelt sich hierbei um weit mehr als nur um ein vorrübergehendes Stimmungstief, wie es wohl jeder kennt. Erschöpfung, Antriebslosigkeit und Interessenverlust machen einen geregelten Alltag dann unmöglich. Depressionen gehören zu den häufigsten seelischen Erkrankungen bei Erwachsenen.

Im Gegensatz zu einer vorrübergehenden Traurigkeit oder Verstimmung, „[…] ist der depressive Stimmungszustand von Gefühlen der inneren Leere und Niedergeschlagenheit, von Hoffnungslosigkeit und Schuldgefühlen geprägt“ (Sedlak 2007: 42). Studierende, die sich deshalb an die Studienberatung ihrer Hochschule gewandt haben, leiden häufig an Orientierungslosigkeit, Problemen im Lern- und Leistungsbereich, Schreibblockaden, Lernhemmungen und Prüfungsängsten.

Ängste

Eine gewisse Nervosität vor Prüfungen oder bei der Bachelorarbeit ist ganz normal und sicher nicht besorgniserregend. Sie kann die Sinne schärfen, die Konzentration steigern und als positives Zeichen dafür gelten, dass man die Situation nicht auf die leichte Schulter nimmt. Wenn die Sorgen und Ängste allerdings Überhand nehmen und den Alltag fest im Griff haben, gilt es, Strategien zu entwickeln, um sie abzubauen.

Wer bereits Tage vor seiner Prüfung nicht mehr schläft, und schon bei dem Gedanken daran Schweißausbrüche bekommt, sollte hellhörig werden. Studierende, die unter extremer Panik leiden, blockieren sich und laufen Gefahr, im entscheidenden Moment einen Blackout zu erleiden. Im schlimmsten Fall entwickeln Betroffene Vermeidungsstrategien, das heißt, sie zögern die Prüfung immer weiter hinaus, die Angst nimmt kontinuierlich zu und die Negativspirale ist in Gang gesetzt. Wer so gestresst ist, dass er auch beim Schreiben der Bachelorarbeit keinen Anfang findet, am Exposé oder Forschungsdesign verzweifelt, bereits unter einer Schreibblockade leidet und den Betreuer nicht um Rat fragen kann, sabotiert sich ebenfalls selbst.

Ursachen von Stress im Studium

Wer sich aus dieser Spirale befreien möchte, muss zunächst Ursachenforschung betreiben. Die Beantwortung folgender Fragen bietet eine erste Orientierung: Wodurch entsteht der Stress im Studium? Besteht die Tendenz, Dinge auf die lange Bank zu schieben? Fängt man zehn Sachen gleichzeitig an und verliert am Ende den Überblick? Sind die persönlichen Ziele unrealistisch? Sind es möglicherweise gar nicht die Leistungsanforderungen im Studium selbst, die den Stress auslösen, sondern äußere Faktoren? Existieren finanzielle Sorgen, familiäre Probleme oder Streit mit dem Partner?

Auch die Wohnsituation ist für viele Studierende nicht optimal. Wer jedes Wochenende in die alte Heimat pendelt, belastet sich einerseits mit zeitintensivem Pendeln, und erschwert auf der anderen Seite das Pflegen sozialer Kontakte in der neuen Stadt. Gerade die Zusammenkunft mit Kommilitonen vermag es jedoch, das Stress-Level mitunter erheblich zu senken.

Überforderung kann zum Beispiel auch daraus resultieren, dass man Grundlagenwissen aus der Schule nicht mehr so griffbereit hat, weil zwischen Abitur und der Aufnahme des Studiums bereits einige Zeit vergangen ist – Nachhilfe könnte in diesem Fall für Abhilfe sorgen. Vielleicht liegt der Fehler jedoch auch im Lernverhalten. Wer stets auf den letzten Drücker anfängt, sich mit dem Lernstoff zu befassen, schafft sich automatisch eine stressauslösende Situation. Bei der Bachelorarbeit kann ein Zeitplan fehlen oder eine Zukunftsperspektive nach dem Bachelorabschluss. Wer sich mit Zwiebeln über die Qualität der Bachelorarbeit quält, kann durch ein Lektorat der Bachelorarbeit zudem Sicherheit erlangen.

Stress im Studium: Strategien

Wer weiß, was ihn stresst, hat also bereits die erste Hürde genommen, um sich mehr Handlungsspielraum zu verschaffen. Nun geht es darum, langfristige Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln. Psychologen unterscheiden zwei Arten der Bewältigungsstrategie:

  • Die problemorientierte Bewältigungsstrategie (Analysieren, welche Ereignisse Stress verursachen, Optionen ansehen, Aktionsplan entwickeln)
  • Die emotionsorientierte Strategie (darüber nachdenken, dieses Gefühl zu verändern, mit einem Außenstehenden sprechen) (Vgl. Maier, Barney, Price 2011: 54).

Gemäß emotionsorientiertem Ansatz kann es beispielsweise helfen, die gedankliche Beschäftigung mit dem Stressor bewusst zu stoppen. Allzu oft kreisen die Gedanken immer wieder um die belastenden Ereignisse. Generell gilt: Stress entsteht im Kopf.

Ein sinnvolles Zeitmanagement ist für Studierende aber ebenfalls unerlässlich. Es ist ratsam, frühzeitig mit dem Lernen und Schreiben anzufangen, Etappenziele und Prioritäten zu setzen. Auch die Pausen gilt es, zu berücksichtigen. Zudem sollte man sich nicht mit anderen vergleichen. Dass der Kommilitone bereits zwei Scheine mehr oder die ganze Bachelorarbeit schon fertig hat, ist keine Erkenntnis, die einen selber weiterbringt. Die selbst gesteckten Ziele sollten stets realistisch sein, und auch vermeintlich kleine Erfolge sind ein Grund zur Freude.

Darüber hinaus trägt eine gesunde Lebensweise zu mehr Wohlbefinden bei. Statt nächtelang zu pauken, zu lesen oder zu schreiben, empfiehlt es sich, das Sportprogramm der Hochschule in Anspruch zu nehmen und sich nicht ausschließlich von Fast Food zu ernähren – auch, wenn das gerade in Prüfungsphasen allzu verlockend ist. Entspannungstechniken wie die Muskelrelaxation nach Jakobson, Yoga oder autogenes Training sind ebenfalls gut geeignet, um eine gewisse Stressresistenz aufzubauen. Weitere Tipps zur Stressbewältigung gibt der Leitfaden der Universität Bielefeld.

Psychologische Hilfe bei Stress im Studium

Halten die Stresssymptome trotz aller Maßnahmen unverändert an, sollte man sich bewusstmachen, dass man bei massivem Stress und Depressionen oft nicht ohne professionelle Hilfe weiterkommt. In solchen Fällen ist es angeraten, sich Unterstützung durch Psychotherapeuten oder einer Stresskur, wie sie die Krankenkassen anbieten, zu holen. Auch die Universitäten stellen mittlerweile flächendeckend psychologische Beratungsangebote, Mentorenprogramme oder Studienabschlusscoachings zur Verfügung.

Im Zweifelsfall kann es durchaus sinnvoll sein, das Studium zeitweilig zu unterbrechen, ein Urlaubssemester zu beantragen oder per ärztlichem Attest Prüfungen zu verschieben. Da die diesbezüglichen Regelungen je nach Universität variieren, empfiehlt es, sich vorab genau zu erkundigen. Vertiefende Informationen zum Thema Stress während des Studiums oder beim Schreiben der Bachelorarbeit gibt außerdem der Projektbericht der Universität Hamburg.

Auch wenn es nicht möglich ist, Stress vollständig aus dem Studium zu verbannen, ist man ihm niemals hilflos ausgeliefert. Zudem ist er, wenn er nur punktuell auftritt, ganz normal und häufig sogar sinnvoll und hilfreich. Zu einem Problem wird er erst, wenn er durch fehlende Regeneration chronisch geworden ist. Wer lernt, auf seinen Körper zu achten, ist in der Lage, mit gezielten Strategien für eine gesunde Stressresistenz zu sorgen und die kurzzeitigen Anspannungen positiv für sich zu nutzen.

Literatur

Hartig, Jörg (2015): Stress. Alle wichtigen Definitionen, Fakten und Testmöglichkeiten zum Begriff Stress, Norderstedt.

Heller, Elisabeth (2014): Sozialberufe – Endstation Stress und Burnout? Ursachen für die Entstehung von Stress und Burnout, Präventionsmaßnahmen und Bewältigungsstrategien am Beispiel der Sozialpädagogik, Hamburg.

Kulbe, Anette (2009): Grundwissen Psychologie, Soziologie und Pädagogik. Lehrbuch für Pflegeberufe, Stuttgart.

Maier, Pat/Barney, Anna/Price, Geraldine (2011): Survival Guide für Erstis, München.

Sedlak, Franz (Hrsg.) (2007): Psychologie und Psychotherapie für Schule und Studium. Ein praxisorientiertes Wörterbuch, Wien.

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